USA
Hawaii legalisiert ärztlich assistierten Suizid

 

Am 1. Januar 2019 trat im US-Bundesstaat Hawaii der im April 2018 verabschiedete Our Care, Our Choice Act in Kraft. Mit diesem neuen Gesetz ist es nun möglich, dass Menschen auf Hawaii ihr Leiden und Leben sicher und legal beenden können, indem sie sich das todbringende Mittel selbst verabreichen.

Die Hauptvoraussetzungen sind:

Die Person muss

- mindestens 18 Jahre alt sein

- ihren Wohnsitz in Hawaii haben

- an einer unheilbaren Krankheit mit einer Restlebenserwartung von weniger als sechs Monaten leiden, bestätigt durch zwei Ärzte

- urteilsfähig sein, mit entsprechender Bestätigung von einem Spezialisten für psychische Gesundheit

- zwei separate mündliche Anträge an einen Arzt auf das todbringende Mittel in zeitlichem Abstand von mindestens 20 Tagen stellen und einen schriftlichen Antrag, unter Beizug von zwei Zeugen, einreichen

Diverse Schutzmassnahmen im Gesetz sollen Missbrauch und Zwang verhindern. Dennoch gibt es sowohl für Ärzte als auch Patienten einige Tücken. Beispielsweise ist ein Patient in einem bereits sehr geschwächten Zustand unter Umständen gar nicht mehr in der Lage, in einem zeitlichen Abstand von mindestens 20 Tagen gleich mehrere Anträge zu stellen.

Es ist davon auszugehen, dass es in Hawaii – ähnlich wie in anderen US-Staaten, in denen der ärztlich assistierte Suizid erlaubt ist – nur wenige Fälle geben wird.

Der Gesetzestext (in Englisch):

https://health.hawaii.gov/opppd/files/2018/11/OCOC-Act2.pdf

In den USA gibt es seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder Bemühungen zur Legalisierung des selbstbestimmten Sterbens. Hawaii ist erst die 7. Jurisdiktion in den USA, in der der ärztlich assistierte Suizid zugelassen wurde. Genau wie in anderen Regionen hatten die Gesetzgeber in Hawaii in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Gesetzentwürfen vorgeschlagen, diskutiert und abgelehnt.

Der ärztlich assistierte Suizid ist in den USA nach wie vor rechtlich umstritten, auch wenn die Unterstützung in der Öffentlichkeit zunimmt. In den US-Bundesstaaten Colorado, Hawaii, Oregon, Vermont, Washington und Kalifornien sowie im District of Columbia ist er – unter leicht unterschiedlichen Regelungen und Voraussetzungen – legalisiert worden. In Montana hatte der Supreme Court im Fall „Baxter“ entschieden, dass er rechtlich zulässig sei; der Gesetzgeber erwägt jedoch nun die Schaffung eines Gesetzes, das ihn verbietet. Drei US-Bundesstaaten haben den ärztlich assistierten Suizid bereits per Gesetz verboten: Alabama (2017); Ohio (2017); und Utah (2018).

Interessant ist, dass in den USA – ähnlich wie in anderen Ländern – das Thema Sterbehilfe erst eine grössere gesellschaftliche Akzeptanz erlangte, als Fragen der medizinischen Selbstbestimmung von Patienten insgesamt in die öffentliche Diskussion Eingang fanden. 1938 hatte Reverend Charles Francis Potter die Euthanasia Society of America gegründet. Sterbehilfe fand damals wenig Unterstützung. Später begann die Organisation, das Selbstbestimmungsrecht bei der Ablehnung von medizinischen Behandlungen stärker in den Vordergrund zu stellen. 1967 erstellten der Menschenrechtsanwalt Luis Kutner – der auch Mitbegründer von Amnesty International war – und die Euthanasia Society of America die erste Patientenverfügung. 1973 erschien die deutsche Übersetzung des amerikanischen Manuskripts «Death is not the Worst: The Case for Voluntary Euthanasia» von Paul Moor*, das in mancher Hinsicht nichts von seiner Aktualität eingebüsst hat.

Es sollte weitere 30 Jahre dauern, bis die Patientenrechte als Teil der Wahlfreiheit jedes Bürgers stärker verankert waren und nicht nur breitere gesellschaftliche Unterstützung, sondern auch solide politische Mehrheiten für die ärztliche Sterbehilfe gefunden wurden; 1997 war Oregon der erste US-Bundesstaat, der den ärztlich assistierten Suizid legalisierte.

 

* Paul Moor: „Die Freiheit zum Tode – Ein Plädoyer für das Recht auf menschenwürdiges Sterben – Euthanasie und Ethik“*; Rowohlt Verlag, 1973; Taschenbuch, 320 Seiten; ISBN: 3498042394; das Buch ist vergriffen, gebrauchte Exemplare sind auf dem Internet zu finden.

 

 

 

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